Die Meldung ging in der Woche vor Weihnachten fast unter: Der Fahrdienstvermittler Uber hat vor dem EuGH verloren und wird als klassischer Fahrdienst behandelt. Das bedeutet, dass alle Fahrer in Deutschland einen Personenbeförderungsschein vorweisen können müssen und Uber gleichzeitig an Taxi-Tarife gebunden ist. Trotzdem stellen sich eine Reihe von grundlegenden Fragen, die seit Jahren von der Politik vor sich hergeschoben werden, ohne dass sie angesprochen oder geklärt werden.
Muss der Personenbeförderungsschein reformiert werden?
Immer wieder wird von Seiten der Taxifahrer auf den Personenbeförderungsschein hingewiesen, den sie im Gegensatz zu Uber-Fahrern hätten. Berüchtigt ist dabei die Ortskundeprüfung.
Doch ist die Ortskundeprüfung in Zeiten von immer besser werdenden Navigationssystemen noch zeitgemäß? Welche Voraussetzungen sollten stattdessen geprüft werden? Bei einer Reform könnte z.B. auf rechtliche Voraussetzungen eingegangen werden: Welche Pflichten hat ein Fahrer gegenüber dem Fahrgast, wann muss er einen Gast auf jeden Fall mitnehmen? Diese Fragen sind heutzutage wichtiger als das Wissen um den genauen Ort der Heckenrosenstraße.
Welche Verantwortung haben Vermittler für die Anbieter?
Uber, AirBnB und andere Plattformen machen es sich einfach: Sie treten nur als Vermittler auf, der nicht für Rechtsverstöße von Nutzern der Plattform verantwortlich ist.
Einerseits ist dies durchaus analog zur Rechtslage in ähnlich gelagerten Fällen: Youtube, Facebook, Twitter und Co. sind auch nicht für illegale Handlungen ihrer Nutzer verantwortlich, noch weniger gilt das für Telefonanbieter und die Post.
Andererseits ist Uber mit der Idee gestartet, den Markt bei Personentransporten zu stören, klassische Taxi-Unternehmen zu zerstören – nichts anderes bedeutet das Wort „Disruption“ übersetzt.
Wenn also ein Unternehmen mit dieser Ansage antritt, soll es für Rechtsvertöße ihrer seiner Nutzer zur Verantwortung gezogen werden? Auch hier gibt es historische Beispiele: Napster wurde für Urheberrechtsverletzungen zur Verantwortung gezogen und geschlossen, ebenso andere Filesharing-Plattformen.
Es muss ein Mittelweg gefunden werden, der einerseits neue Geschäftsmodelle nicht zu sehr einschränkt, andererseits müssen die Anbieter auch zumindest in Teilen Verantwortung für Taten auf ihren Plattformen übernehmen.
Wie können gewerbliche Anbieter besteuert werden?
Bei der Besteuerung von Firmen wie Facebook und Google gibt es aktuell eine Diskussion über eine EU-weite Regelung, damit diese Abgaben dort bezahlen, wo sie Umsätze generieren. Diese Diskussion ist wichtig und richtig, aber nicht ausreichend.
Wenn Firmen wie Uber und AirBnB besteuert werden, heißt das noch nicht, dass die tatsächlichen Anbieter, also Fahrer und Vermieter, Steuern zahlen. Diese müssen ihre Gewinne ebenfalls versteuern. Bei der gegenwärtigen Rechtslage ist das nur sehr schwer durchzusetzen, alleine schon die Frage nach gewerblicher Vermietung bei AirBnB ist ein kompliziertes Verfahren.
Dabei handelt es sich um kein neues Phänomen, im Grunde ist das Problem seit fast 1999 bekannt, als eBay auch in Deutschland Angebote zuließ. Hier gibt es zwar Gerichtsentscheidungen darüber, wann ein Anbieter als gewerblich gilt, diese betrafen aber überwiegend das Widerrufs- und Rückgaberecht.
Eine pauschale Besteuerung auf der Plattform analog zur Kapitalertragssteuer wäre eine Möglichkeit, würde aber Einkünfte über eine Internetplattform anders behandeln als übrige gewerbliche Einnahmen. Auch hier muss eine Regelung gefunden werden, damit bei gleichem Umsatz selbständige Taxifahrer und Uber-Fahrer gleich behandelt werden.
Ist das Taxiprivileg zukunftsfähig?
Es gibt gute Gründe für die Regulierung von Taxis, weshalb sie nicht einem freien Markt überlassen werden sollten. Eine einheitliche Preisstruktur für alle Fahrten führt dazu, dass Menschen, die auf Taxis angewiesen sind, nicht übermäßig belastet werden. Das ist beispielsweise für Arztbesuche von alten oder körperlich behinderten Menschen der Fall. Gleichzeitig kann es nicht zu plötzlichen Preiserhöhungen durch das Oktoberfest oder Naturkatastophen kommen, wie es bei Uber der Fall war. Bei Betrachtung der Verluste von Uber stellt sich die Frage, wie das Geschäftsmodell in Zukunft wirklich aussehen wird. Geht es nur darum, den Markt zu zerstören, um dann über eine Monopolstellung eigene Preise durchsetzen zu können?
Durch autonome Fahrzeuge kann sich das allerdings ändern. Wenn ein autonomes Fahrzeug nicht wie ein Taxi, sondern wie eine Vermietung behandelt wird, werden Anbieter wie Car2Go, DriveNow oder Flinkster den Markt dominieren. Die App wird das autonome Fahrzeug dirigieren und die Kosten werden immer unter den Kosten für ein Taxi liegen, weil keine Lohnkosten beim Betrieb anfallen.
Das ist kein weit entfernt liegendes Szenario, es gibt bereits die ersten Versuche mit Buslinien, auch in Bad Birnbach. Ein Bus ohne Fahrer kann aber rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Dabei wäre ein Rufbussystem wäre denkbar, bei dem der Bus selbständig andauernd die Route anpasst, je nach Fahrgästen und ihren Wunschzielen.
Rufbussysteme ohne feste Routen gibt es bereits in verschiedenen Städten: In der ansonsten für KFZ gesperrten Altstadt von Ljubljana (Slowenien) wird ein solches System es kostenlos für alle angeboten. Ein Anruf bei einer Nummer und ein Kleinbus fährt den Gast zu seinem Wunschziel durch die Fußgängerzone. Damit wird auch das Wohnen für ältere Menschen in der autofreien Innenstadt möglich.
Aber ohne Fahrer wird es schwierig, wenn Personen mit Mobilitätseinschränkungen diese Dienste nutzen möchten. Es muss also weiterhin einen Taxidienst mit Fahrern geben. Hier stellt sich aber die Frage nach der Finanzierung. Denn eine Querfinanzierung durch Nachtschwärmer und Businesskunden fällt bei einem gleichzeitigen Angebot von Carsharing-Angeboten weg. Hier muss eine Lösung gefunden werden.
Fazit
Das Urteil des EuGH schiebt die Folgen durch den Markteintritt von Uber in der EU auf. Es gibt aber zum einen ähnlich gelagerte Fälle, in denen Firmen bestehende Geschäftsmodelle angehen, zum anderen andere Entwicklungen, die den aktuellen Stand des Taxi-Gewerbes umkrempeln können. Wir müssen uns jetzt Gedanken über zukunftsfähige Lösungen machen, sonst entwickelt sich eine Situation ähnlich wie sie sich für den stationären Handel durch Amazon ergeben hat, in dessen Folge viele kleine Geschäfte, insbesonders im ländlichen Raum nicht mehr lebensfähig waren und geschlossen haben.
Weitere Beispiele lassen sich zuhauf finden: Sei es das Hotelgewerbe, das durch AirBnB mit teilweise verheerenden Folgen für den Mietwohnungsmarkt angegangen wird, sei es das Gastgewerbe, das durch Lieferando und Foodora unter Druck gerät.
Nicht vergessen werden darf dabei, dass zwar neue Arbeitsplätze entstehen, diese aber größtenteils im Niedriglohnsektor oder teilweise sogar in prekären Scheinselbständigkeiten.
Andererseits werden aber auch Arbeitsplätze bei den bisherigen Anbietern vernichtet. Die Gesamtbilanz der Arbeitsplätze läßt sich aber nur schwer ermitteln.
Symbolbild: Pixabay by
Hinweis: Dieser Kommentar wurde von Thomas Mayer geschrieben und stellt nicht notwendigerweise die Meinung des ganzen Landesverbandes dar. Alle Mitglieder können Kommentare über das entsprechende Formular bei der SG Digitale Medien einreichen.
Die Meldung ging in der Woche vor Weihnachten fast unter: Der Fahrdienstvermittler Uber hat vor dem EuGH verloren und wird als klassischer Fahrdienst behandelt. Das bedeutet, dass alle Fahrer in Deutschland einen Personenbeförderungsschein vorweisen können müssen und Uber gleichzeitig an Taxi-Tarife gebunden ist. Trotzdem stellen sich eine Reihe von grundlegenden Fragen, die seit Jahren von der Politik vor sich hergeschoben werden, ohne dass sie angesprochen oder geklärt werden.
Muss der Personenbeförderungsschein reformiert werden?
Immer wieder wird von Seiten der Taxifahrer auf den Personenbeförderungsschein hingewiesen, den sie im Gegensatz zu Uber-Fahrern hätten. Berüchtigt ist dabei die Ortskundeprüfung.
Doch ist die Ortskundeprüfung in Zeiten von immer besser werdenden Navigationssystemen noch zeitgemäß? Welche Voraussetzungen sollten stattdessen geprüft werden? Bei einer Reform könnte z.B. auf rechtliche Voraussetzungen eingegangen werden: Welche Pflichten hat ein Fahrer gegenüber dem Fahrgast, wann muss er einen Gast auf jeden Fall mitnehmen? Diese Fragen sind heutzutage wichtiger als das Wissen um den genauen Ort der Heckenrosenstraße.
Welche Verantwortung haben Vermittler für die Anbieter?
Uber, AirBnB und andere Plattformen machen es sich einfach: Sie treten nur als Vermittler auf, der nicht für Rechtsverstöße von Nutzern der Plattform verantwortlich ist.
Einerseits ist dies durchaus analog zur Rechtslage in ähnlich gelagerten Fällen: Youtube, Facebook, Twitter und Co. sind auch nicht für illegale Handlungen ihrer Nutzer verantwortlich, noch weniger gilt das für Telefonanbieter und die Post.
Andererseits ist Uber mit der Idee gestartet, den Markt bei Personentransporten zu stören, klassische Taxi-Unternehmen zu zerstören – nichts anderes bedeutet das Wort „Disruption“ übersetzt.
Wenn also ein Unternehmen mit dieser Ansage antritt, soll es für Rechtsvertöße ihrer seiner Nutzer zur Verantwortung gezogen werden? Auch hier gibt es historische Beispiele: Napster wurde für Urheberrechtsverletzungen zur Verantwortung gezogen und geschlossen, ebenso andere Filesharing-Plattformen.
Es muss ein Mittelweg gefunden werden, der einerseits neue Geschäftsmodelle nicht zu sehr einschränkt, andererseits müssen die Anbieter auch zumindest in Teilen Verantwortung für Taten auf ihren Plattformen übernehmen.
Wie können gewerbliche Anbieter besteuert werden?
Bei der Besteuerung von Firmen wie Facebook und Google gibt es aktuell eine Diskussion über eine EU-weite Regelung, damit diese Abgaben dort bezahlen, wo sie Umsätze generieren. Diese Diskussion ist wichtig und richtig, aber nicht ausreichend.
Wenn Firmen wie Uber und AirBnB besteuert werden, heißt das noch nicht, dass die tatsächlichen Anbieter, also Fahrer und Vermieter, Steuern zahlen. Diese müssen ihre Gewinne ebenfalls versteuern. Bei der gegenwärtigen Rechtslage ist das nur sehr schwer durchzusetzen, alleine schon die Frage nach gewerblicher Vermietung bei AirBnB ist ein kompliziertes Verfahren.
Dabei handelt es sich um kein neues Phänomen, im Grunde ist das Problem seit fast 1999 bekannt, als eBay auch in Deutschland Angebote zuließ. Hier gibt es zwar Gerichtsentscheidungen darüber, wann ein Anbieter als gewerblich gilt, diese betrafen aber überwiegend das Widerrufs- und Rückgaberecht.
Eine pauschale Besteuerung auf der Plattform analog zur Kapitalertragssteuer wäre eine Möglichkeit, würde aber Einkünfte über eine Internetplattform anders behandeln als übrige gewerbliche Einnahmen. Auch hier muss eine Regelung gefunden werden, damit bei gleichem Umsatz selbständige Taxifahrer und Uber-Fahrer gleich behandelt werden.
Ist das Taxiprivileg zukunftsfähig?
Es gibt gute Gründe für die Regulierung von Taxis, weshalb sie nicht einem freien Markt überlassen werden sollten. Eine einheitliche Preisstruktur für alle Fahrten führt dazu, dass Menschen, die auf Taxis angewiesen sind, nicht übermäßig belastet werden. Das ist beispielsweise für Arztbesuche von alten oder körperlich behinderten Menschen der Fall. Gleichzeitig kann es nicht zu plötzlichen Preiserhöhungen durch das Oktoberfest oder Naturkatastophen kommen, wie es bei Uber der Fall war. Bei Betrachtung der Verluste von Uber stellt sich die Frage, wie das Geschäftsmodell in Zukunft wirklich aussehen wird. Geht es nur darum, den Markt zu zerstören, um dann über eine Monopolstellung eigene Preise durchsetzen zu können?
Durch autonome Fahrzeuge kann sich das allerdings ändern. Wenn ein autonomes Fahrzeug nicht wie ein Taxi, sondern wie eine Vermietung behandelt wird, werden Anbieter wie Car2Go, DriveNow oder Flinkster den Markt dominieren. Die App wird das autonome Fahrzeug dirigieren und die Kosten werden immer unter den Kosten für ein Taxi liegen, weil keine Lohnkosten beim Betrieb anfallen.
Das ist kein weit entfernt liegendes Szenario, es gibt bereits die ersten Versuche mit Buslinien, auch in Bad Birnbach. Ein Bus ohne Fahrer kann aber rund um die Uhr zur Verfügung stehen. Dabei wäre ein Rufbussystem wäre denkbar, bei dem der Bus selbständig andauernd die Route anpasst, je nach Fahrgästen und ihren Wunschzielen.
Rufbussysteme ohne feste Routen gibt es bereits in verschiedenen Städten: In der ansonsten für KFZ gesperrten Altstadt von Ljubljana (Slowenien) wird ein solches System es kostenlos für alle angeboten. Ein Anruf bei einer Nummer und ein Kleinbus fährt den Gast zu seinem Wunschziel durch die Fußgängerzone. Damit wird auch das Wohnen für ältere Menschen in der autofreien Innenstadt möglich.
Aber ohne Fahrer wird es schwierig, wenn Personen mit Mobilitätseinschränkungen diese Dienste nutzen möchten. Es muss also weiterhin einen Taxidienst mit Fahrern geben. Hier stellt sich aber die Frage nach der Finanzierung. Denn eine Querfinanzierung durch Nachtschwärmer und Businesskunden fällt bei einem gleichzeitigen Angebot von Carsharing-Angeboten weg. Hier muss eine Lösung gefunden werden.
Fazit
Das Urteil des EuGH schiebt die Folgen durch den Markteintritt von Uber in der EU auf. Es gibt aber zum einen ähnlich gelagerte Fälle, in denen Firmen bestehende Geschäftsmodelle angehen, zum anderen andere Entwicklungen, die den aktuellen Stand des Taxi-Gewerbes umkrempeln können. Wir müssen uns jetzt Gedanken über zukunftsfähige Lösungen machen, sonst entwickelt sich eine Situation ähnlich wie sie sich für den stationären Handel durch Amazon ergeben hat, in dessen Folge viele kleine Geschäfte, insbesonders im ländlichen Raum nicht mehr lebensfähig waren und geschlossen haben.
Weitere Beispiele lassen sich zuhauf finden: Sei es das Hotelgewerbe, das durch AirBnB mit teilweise verheerenden Folgen für den Mietwohnungsmarkt angegangen wird, sei es das Gastgewerbe, das durch Lieferando und Foodora unter Druck gerät.
Nicht vergessen werden darf dabei, dass zwar neue Arbeitsplätze entstehen, diese aber größtenteils im Niedriglohnsektor oder teilweise sogar in prekären Scheinselbständigkeiten.
Andererseits werden aber auch Arbeitsplätze bei den bisherigen Anbietern vernichtet. Die Gesamtbilanz der Arbeitsplätze läßt sich aber nur schwer ermitteln.
Symbolbild: Pixabay by
Hinweis: Dieser Kommentar wurde von Thomas Mayer geschrieben und stellt nicht notwendigerweise die Meinung des ganzen Landesverbandes dar. Alle Mitglieder können Kommentare über das entsprechende Formular bei der SG Digitale Medien einreichen.
Hinweis: Diese Meldung ist eine Kopie vom Landesverband Piratenpartei Bayern.
Originalquelle aufrufen: Uber und das Taxiprivileg: was zu klären ist
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