In wenigen Tagen ist es soweit: Mit einem Bürgerentscheid können die Erlanger Bürger Ihr Votum zur weiteren Behandlung des seit langem in der Öffentlichkeit diskutierten Projektes Stadt-Umland-Bahn abgeben.
Ich und auch die anderen Mitglieder der Piratenpartei begrüßen grundsätzlich die Tatsache, dass für die weitere Entscheidungsfindung diese Art der Bürgerbeteiligung genutzt wird. Allerdings hege ich große Bedenken, ob die Hintergründe und Argumente transparent genug kommuniziert werden, um von der Mehrheit der Erlanger Bürger eine objektive Entscheidung zu erwarten. Insbesondere bei der Lektüre der Flyer, die von den Befürwortern der StUB verteilt wurden, komme ich schwer ins Grübeln, ob manipulative Pauschalaussagen in den Vordergrund gestellt und gleichzeitig sachliche Argumente schön geredet werden. Da wird vor allem vom umweltschonenden Charakter des Schienenverkehrs und der großen Bedeutung einer modernen Infrastruktur für die Wirtschaft geredet.
Und es ist durchaus richtig:
- Erlangen braucht einen besseren Nahverkehr für alle. Der bestehende ÖPNV trägt nur bedingt zur Verbesserung der Lebensqualität in Erlangen bei
- Ein attraktiver öffentlicher Nahverkehr ist gut für den Wirtschaftsstandort. Eine moderne Stadt braucht ein modernes Verkehrssystem – aber ist eine Straßenbahn modern?
Es stellt sich jedoch die Frage, warum gerade die StUB dazu geeignet ist, dahingehend einen positiven Beitrag zu leisten. Bei kritischer Betrachtung der von den Befürwortern genannten Begründungen verspürt man zum Teil die Einsicht, dass diese Ziele nicht mit, sondern trotz der StUB erreicht werden können.
Das an erster Stelle genannte Argument, wir würden die StUB brauchen, weil sie solide finanziert sei, ist aus meiner Sicht kein PRO-Kriterium. Denn nur weil ein kostspieliges Projekt bezahlbar ist, heißt das noch lange nicht, dass es sinnvoll und nützlich ist. Hintergrund für diese Argumentation ist lediglich der Umstand, dass nur für Investitionen in schienengebundene Verkehrsmittel großzügige Fördergelder von Bund und Land beigesteuert werden – sicher zum großen Bedauern vieler Verkehrsplaner. Aber sollte in dieser Hinsicht nicht die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass in wenigen Jahren neue Förderprogramme ins Leben gerufen werden, mit deren Hilfe dann auch andere Möglichkeiten der E-Mobilität subventioniert werden (z.B. die beim BRT eingesetzten Elektrobusse). Wäre es nicht geradezu tragisch, wenn man sich in Erlangen – quasi in letzter Minute – für eine althergebrachte Straßenbahn entscheidet und damit die Chance verspielt, Fördergelder für ein modernes und vor allem flexibles System von Elektrobussen nutzen zu können. Wenn man daran denkt, wie viel Wert man in führenden Wirtschaftsgremien beim Thema Industrie 4.0 auf Flexibilität legt, ist es geradezu widersinnig und fragwürdig, warum der Bau einer auf Jahrzehnte festgelegten Schienentrasse die Attraktivität des ÖPNV in unserer Metropolregion steigern soll.
Es mag zwar stimmen, dass die Betriebskosten für eine Straßenbahn niedriger sind als für alternative Buslinien, jedoch sollte man die Einschränkungen im Hinblick auf die kurz- und langfristige Flexibilität nicht unterbewerten. Gerade im konkreten Fall von Erlangen und der aktuell diskutierten Streckenführung ist dieser Nachteil von großer Bedeutung, denn ein Großteil der Nutzer wird zur Erreichung der eigentlichen Zielorte auf weiterführende Busverbindungen angewiesen sein. Sogar die Fakten belegen, dass Niederlassungen von nur 9 der größten mittelfränkischen Arbeitgeber durch die StUB erschlossen werden. Wohlgemerkt sind damit nicht alle Niederlassungen dieser institutionen gemeint, und 21 weitere potentielle Arbeitgeber haben offensichtlich überhaupt keinen Nutzen von der StUB. Eine Bewertung und ein Vergleich der Investitionskosten für alternative Lösungen wird seitens der StUB-Befürworter tunlichst vermieden. Fast schon fahrlässig oder gar geheuchelt wirkt dann der unter Fakten angeführte Hinweis, wie niedrig doch die monatlichen Kosten pro Einwohner wären (€6,35 während der Bauphase, und immer noch €3 beim Betrieb). Das sind für den normalen Bürger durchaus stattliche Beträge und darüber hinaus ist zu bedenken, dass damit nur die Kosten zu Lasten des Erlanger Stadtetats gemeint sind. Die zusätzlich benötigten Zuschüsse von Bund und Land werden stillschweigend unter den Tisch gekehrt – aber auch das sind Steuergelder, auch wenn diese aus anderen Töpfen finanziert werden.
Ich lebe seit über 40 Jahren in Erlangen und habe alle Arten von Verkehrsmitteln mehr oder weniger intensiv genutzt und deren Vor- und Nachteile kennengelernt. Aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen und einer Vielzahl von Gesprächen habe ich einen umfangreichen Kenntnisstand zum Thema ÖPNV in Erlangen erworben. Basierend darauf erscheinen mir folgende, zumeist konkrete Aspekte wichtig, um eine Entscheidung Pro oder Kontra StUB zu treffen:
- In vieler Hinsicht besteht Verbesserungsbedarf, um den ÖPNV in Erlangen attraktiver zu machen und damit die Belastung durch den Individualverkehr (v.a. PKW) zu reduzieren. Positiv zu erwähnen ist, dass hinsichtlich eines besser an den Bedarf angepassten Streckennetzes bereits erste Erfolge erzielt wurden. Die Kapazität der Busverbindungen in die Nachbarstädte Herzogenaurach und Nürnberg könnte durch zusätzliche Fahrzeuge, also auch ohne StUB erhöht werden. Wenn in Verbindung damit dann wechselweise verschieden Stadtteile erschlossen werden, könnten viele Nutzer auch ohne Umsteigen auf lange Fußwege verzichten. Während z.B. eine Buslinie von Nürnberg zum Siemens-Campus fährt , könnte die andere zum Südgelände der Uni fahren. In Nürnberg könnte wechselweise das Zentrum, die Nordstadt oder der Flughafen angefahren werden. Eine StUB wäre dagegen auf eine einzige feste Strecke fixiert, Abzweigen geht nicht – nur Umsteigen !
- Während man im 20. Jahrhundert für die Realisierung von E-Mobilität auf Nutzung von Schiene und Oberleitung angewiesen war, ist heut eine ökologisch vorteilhafte Umstellung auf Elektrobusse dank moderner Akkutechnologien kein Problem mehr. In anderen Worten kann also auch durch Einsatz von Straßenfahrzeugen die Schadstoffbelastung in den Ballungsräumen reduziert werden.
- Mal abgesehen vom aktuellen Handicap der fehlenden Fördermöglichkeit, wäre die Einführung von Busspuren mit deutlich weniger baulichem Aufwand realisierbar. Dabei ist es egal, ob diese kontinuierlich oder nur während der Berufsverkehrszeiten dem ÖPNV vorbehalten bleiben. Damit würde eine deutlich höhere Flexibilität der nutzbaren Verkehrswege erzielt werden; ich denke da auch an die Nutzung der Trassen durch Rettungsfahrzeuge. Eine neue Schienentrasse wird unweigerlich – wenn auch nur abschnittsweise – zu Einschränkungen des verfügbaren Straßenraums führen. Auch für Radfahrer wird dies zu Behinderungen führen. Von Bedeutung ist dieser Punkt vor allem in Bezug auf die schon jetzt prekäre Lage im Zentrum Erlangens.
- Wenn ich die wirkliche Bedarfssituation der Pendler bedenke, fallen mir als erstes die Bewohner in den östlich und nordwestlich gelegenen Gebieten wie Höchstadt/Aisch, Adelsdorf, Neunkirchen a. Brand oder Heroldsberg ein. Für diese Regionen erscheint mir der Begriff Umland auch zutreffend, während ich Büchenbach ebenso wenig als Umland bezeichnen würde wie die Städte Herzogenaurach oder Nürnberg. Allerdings betrachte ich die Fertigstellung des Kosbacher Damms für die bessere Anbindung der westlich gelegenen Stadtteile für alternativlos. Selbst wenn diese Strecke nur durch Busse, Taxen und Fahrräder nutzbar wäre, hätte man damit eine überaus wirksame Verbesserung erreicht.
- Für eine zusätzliche, schienengebundene Anbindung von Nürnberg besteht insbesondere nach dem umfangreichen und positiv zu wertenden Ausbau der S-Bahnlinie kein wirklicher Bedarf. Selbst der Siemens-Campus hat schon seine S-Bahn-Haltestelle. Und zur Erschließung von Herzogenaurach und der dortigen Umlandgemeinden? Warum sollte man dazu nicht die bestehende, zur Zeit nur eingeschränkt befahrene Strecke der Bundesbahn reaktivieren? Wenn man unbedingt historische Verkehrsmittel nutzen möchte, warum dann nicht auf schon im letzten Jahrhundert genutzten Routen?
- Auch wenn dies kein konkretes Argument in Bezug auf die StUB ist, möchte ich in Bezug auf Attraktivität das Thema Fahrpreise zur Sprache bringen. Solange der Preis eines Fahrscheins für öffentliche Verkehrsmittel höher ist als die im Steuerrecht angenommenen Gesamtkosten für die entsprechende PKW-Fahrt, wird man auch mit der StUB nur Wenige dazu bewegen, das Auto stehen zu lassen. Die Kosten für Benzin und eventuelle Parkgebühren sind vor allem bei zwei oder drei Reisenden immer noch günstiger als die heutigen Tarife des ÖPNV. Verweise auf niedrigere Kosten bei Nutzung von Gruppentickets oder Dauerkarten sind hier irreführend, denn die finanzielle Attraktivität öffentlicher Verkehrsmittel sollte nicht derart stark vom Umfang der Nutzung abhängen. Übrigens könnte man mit den für die StUB geschätzten Baukosten jedem Erlanger Bürger ein Jahresabo für den Erlanger Nahverkehr schenken, und das über 10 Jahre lang. So wäre der Verzicht auf die StUB wirklich förderlich für die Attraktivität öffentlicher Verkehrsmittel.
Zusammenfassend möchte ich die Frage in den Vordergrund stellen, ob für die aktuell geplante Ausgestaltung der StUB wirklich Bedarf besteht. Und ob die baulichen Schwierigkeiten und Kosten den langfristig erzielbaren Nutzen nicht bei Weitem überwiegen. Pauschale und auf Allgemeinaussagen reduzierte Argumente erscheinen mir zu oberflächlich und gerade in Bezug auf Erlangen als irreführend. Es sollte bei der Entscheidung nicht um Fragen gehen wie „Straße kontra Schiene“, „ vom Bund gefördert oder nicht“, „Seit langem geplant“ oder einfach nur „mal was Neues“. Stattdessen sollte man sich darauf konzentrieren, was auf lange Sicht gebraucht wird, zukunftsweisend ist und unter Einbeziehung aller Kosten wirtschaftlich vertretbar ist.
Abschließend möchte ich daran erinnern, dass Einwohner, Pendler und Besucher bis zur Fertigstellung des Projektes mit erheblichen Verkehrsbehinderungen aufgrund der Bauarbeiten konfrontiert sein werden. Ich bezweifle, dass die am Ende erzielten Verbesserungen diese Belastungen rechtfertigen. Außerdem erlaube ich mir die kritische Frage, ob die heute geplanten Kapazitäten in 10 Jahren überhaupt noch gebraucht werden. Was wäre denn, wenn die Firma Siemens die Gebäude des Campus dann entgegen heutiger Aussagen nicht für die Entwicklung visionärer Zukunftstechnologien nutzt, sondern die Unterbringung und Versorgung gut betuchter Pensionäre für wirtschaftlich lukrativer betrachtet. Ist es nicht denkwürdig, dass bereits bei der Ausschreibung viel Wert darauf gelegt wurde, dass die Gebäude flexibel nutzbar und in jeder Hinsicht öffentlich zugänglich sind? Ich überlasse es dem kritischen Leser, sich zu dieser These tiefer gehende Gedanken zu machen.
Persönlich hege ich die Hoffnung, dass die für die Planung verantwortlichen Gremien – unabhängig vom Ausgang des Bürgerentscheids – fähig und willens sind, im weiteren Verlauf zukunftsorientierte und weise Entscheidungen bezüglich des öffentlichen Nahverkehrs in unserer Region zu fällen. Schildbürgerstreiche kann sich selbst eine Stadt wie Erlangen nicht leisten.
Die Inflexibilität einer Straßenbahn ist kein „Bug“, sondern ein „Feature“. Nur dauerhafte Infrastruktur, bei der eine gewisse Anfangsinvestition Anreize schafft, sie möglichst lange zu betreiben, schafft langfristige urbane Entwicklungsachsen. Langfristige, verlässliche urbane Entwicklungsachsen bieten mehr Planungssicherheit für Immobilieninvestoren, die Ansiedlung von Unternehmen und den Einzelhandel. Sie bringen Erlangen weiter.
Schon die allerersten Städte entstanden an solchen Achsen, die damals noch von der Natur vorgegeben waren: An Flüssen, in Niederungen mit gutem Boden, und an Küsten mit Handelsmöglichkeiten. Später, während der industriellen Revolution, entstanden Arbeitersiedlungen, ja ganze Städte entlang der neu entstandenen Eisenbahnlinien. Wichtig ist auch, dass solche Entwicklungsachsen nicht an Städte- oder Ländergrenzen halt machen. Sie können auch nicht einfach per Dekret aus dem Boden gestampft werden, sondern es kommt immer darauf an, die schon vorhandenen Korridore zu erkennen, zu stärken und zu verstetigen.
Wer jede Anfangsinvestition scheut und sich nicht traut, auch mal ein paar Pflöcke einzuschlagen, hat Kommunalpolitik nicht kapiert. Im Piratensprech ist dauerhafte, verlässliche Infrastruktur übrigens eine „Plattform“ und sie kommt in vielen Programmen und Visionen vor: Das garantierte bedingungslose Grundeinkommen, der fahrscheinlose ÖPNV oder das neutrale Internet, das jedem innovativen Unternehmen oder Gemeinschaftsprojekt die Chance bietet, seine Idee zu verwirklichen.
Vor ein paar Tagen ging eine Meldung herum, dass mehrere Fernbus-Unternehmen damit drohen, Nürnberg nicht mehr anzufahren. Diese Drohnung entsteht deshalb, weil Nürnberg keine verlässliche Infrastruktur in Form eines brauchbaren Busbahnhofs geschaffen hat. Mit der Deutschen Bahn wird das nie passieren. Solange Schienen nach Nürnberg führen und der Bahnhof steht, werden immer Fernzüge in Nürnberg halten.
In Erlangen wäre man vermutlich auch nicht besonders begeistert davon, wenn die Uni mal ganz flexibel mehrere Fakultäten in andere Städte verlegen würde. Denn die Infrastruktur „Uni“ versorgt Erlangen verlässlich mit hochqualifizierten jungen Menschen, die die Gesellschaft weiterbringen.
Die Begründung von Niklas und die angeblichen Vorteile der StUB sind offen gestanden sehr philosophisch gehalten, vor allem aber in keinster Weise kausal. Auch wenn ich normalerweise nicht dazu geneigt bin auf diesem Niveau zu argumentieren, fällt mir ergänzend dazu nur eine Tatsacher ein. Vor etwa 80 Jahren wurde der Schienenverkehr intensive dazu genutzt um eines der größten Verbrechen unserer Geschichte durchzuführen. Vor diesem Grund hat SChienenverkehr in meinen Augen immer einen faden Beigeschmack. Der Hinweis auf die Problematik mit den Fernbussen gefällt mir dagegen gut. Denn je mehr Verkehrsflächen durch Schienen verbaut werden, desto schwieriger ist die Erreichbarkeit mit flexiblen Fahrzeugen – wie Bus, Fahrrad, Feuerwehr, …. !
Trotzdem danke für den Kommentar.
Hallo Detlef.
„Vor etwa 80 Jahren wurde der Schienenverkehr intensive dazu genutzt um eines der größten Verbrechen unserer Geschichte durchzuführen.“
Technologie in den falschen Händen ist immer ein Schrecken. Diese Tatsache gegen eine bestimmte Technologie in Stellung zu bringen führt aber nur ins Nichts; in den blanken Unsinn.
Busse wurden im Jugoslawienkonflikt benutzt um bestimmte ethnische Gruppen in den Wald zu fahren, wo diese Gruben ausheben mussten und dann erschossen wurden. Sind Busse als Technologie deswegen böse? Hast du ein mulmiges Gefühl beim Bus fahren?
Mit Autos wurden schreckliche Amokfahrten durch Menschenmengen durchgeführt. Sind Autos als Technologie deswegen böse? Hast du ein mulmiges Gefühl wenn ein Auto an dir vorbei fährt? (nicht zu vergessen: Autobomben!)
Mit Fahrrädern haben die Kommunisten tausende Tonnen Kriegsmaterial quer durch Asien transportiert und dann hunderte GI’s damit getötet. Sind Fahrräder als Technologie deswegen böse? Hast du ein mulmiges Gefühl, wenn jemand ein Lastenfahrrad fährt?
Feuerwehren durften wärend der Pogrome nicht löschen. Sind Feuerwehren als gesellschaftliche Technologie deswegen böse? Wenn du Feuerwehrfahrzeuge rumfahren siehst, denkst dann auch, dass die gerade vor einem Einsatz flüchten?
Ärzte haben in vielen Diktaturen grausamste Experimente an Menschen durchgeführt und hunderttausende mit falschen Diagnosen und anderen Fehlern bei der Behandlung slbst in Demokratien geschädigt. Soll man Medizin deswegen verbieten? Gehst du nur zum Arzt, wenn der Schmerz lauter ist als dein „mulmiges Gefühl“?
Merkst du wie lächerlich deine Argumentation gegen eine Straßenbahn! basierend auf NS-Referenzen ist?
Gute Besserung (dein mulmiges Gefühl betreffend)
Dein Andreas (Ex-Pirat)
Hallo,
Haben Busse dann auch einen faden Beigeschmack? Siehe Wohlfahrtsbusse? Das ist ganz ehrlich eine ganz schlechte Argumentation. Es gab auch genug andere Deportationen in der Geschichte (nicht nur in Deutschland), die mit Bussen gemacht wurden. Wenn wir das Argument aufnehmen gab es auch genug Massenhinrichtungen, zu dem die Nazis mit Autos gekommen sind. Fußmärsche müssen wir dann verbieten, weil gegen Ende des 2. Weltkriegs die KZ Insassen auf Gewaltmärsche getrieben wurden? Und Flugzeuge wurden ja für Hiroshima und Nagasaki genutzt. Für Fahrräder fällt bestimmt auch noch ein Grund ein. Also am Besten zu Hause bleiben, bis das Beamen erfunden wird. Für Hitler konnte die Bahn nichts und dafür konnte die Straße nichts. Eigentlich müsste man als Ursache die Deutschen verbieten, die haben ihn ja gewählt. Oder gleich Wahlen schlecht reden? Solch billige Argumentationen mit historischen Gefühlen hätte ich mir früher von den Piraten nie erwartet. Das war mal für mich eine Partei, die für sachliche Diskussion stand.
Auch müssen Strecken durch Straßenbahnschienen nicht unbedingt verbaut sein. Entweder kann man Gleise als Rasengleise anlegen, so dass sich diese in die Landschaft einfügen oder man kann diese mit Asphaltfahrbahn ausführen. Diese kann dann von Bussen oder Rettungsfahrzeugen mitbenutzt werden. Schön sieht man das zum Beispiel im Südosten von München. Dort nutzen Busse und Straßenbahnen im Bereich der Knoten gemeinsam die eigenen Spuren. Das kann auch in Erlangen auf Abschnitten angewandt werden. So würden Beispielsweise die Busse der Linien 202, 205, 281, 286 und 287 zwischen den Hbf/Arcaden und dem Schulzentrum die StUB-Trasse mitnutzen. Auch den neuen Haltepunkt Hbf-West.
Ich würde dringend dazu raten, sich mit dem Gutachten zur StUB (einfach mal „Gutachten StUB VGN“ googlen) genauer auseinander zu setzen. Anschließend mal ein paar Tage in der Früh passend zum Vorlesungsbeginn von Thon nach Erlangen fahren. Dann sieht man, dass die S-Bahn nicht reicht, weil Nürnberg nicht nur der Dürrenhof, Hbf, Steinbühl und Rothenburger Straße sind, sondern eben auch die Stadtteile im Norden, Nordwesten und Nordosten, die mit der StUB deutlich besser an Erlangen angebunden wären als mit der S-Bahn oder dem heutigen Bussystem.
Auch ist eine Straßenbahn das effizienteste System für Elektromobilität. Stromabnehmer, Oberleitung und Elektromotoren sind auf einem ausgezeichneten Entwicklungsstand. Zwar sind O-Busse ähnlich in diesen Eigenschaften, aber deutlich Wartungsaufwändiger und störanfälliger. Noch schlimmer wird es bei Batteriebussen, Induktionsladebussen und Wasserstoffbussen. Von den ersteren braucht man deutlich mehr, als heute Dieselbusse eingesetzt werden, um das selbe Angebot zu fahren. Der Grund: Die Busse stehen lange an der Ladestation und während dessen müssen andere Busse als Ersatz fahren. Man kann also je nach Betriebsprogramm Faktor 1,3 bis 1,5 an Bussen rechnen. Induktionsladebusse sind eine mittlere Katastrophe. Wer die Busse in Berlin ausprobieren möchte, sollte sich besser Zeit und ein Hotel nehmen. Oft fahren mehrere Tage in Folge Dieselbusse, weil alle Induktionsbusse defekt in der Werkstatt stehen. Und zu Wasserstoff sagte die Chefin der BVG mal so schön „Die fahren wir nur bei irgendwelchen Events raus, um zu zeigen, wie modern wir sind. Für den täglichen Einsatz sind die aber völlig unbrauchbar. Stehen länger in der Werkstatt, als sie unterwegs sind.
Und was bei irgendwelchen Versprechen vom besseren Busverkehr rauskommt sieht man ja schön im Landkreis ERH. Da wurde ständig was von BRT-Systemen als Alternative gelabert. Aber von der Umsetzung war seit dem Bürgerentscheid gegen die StUB nichts mehr zu hören. Dieses ganze Alternativengelaber ist nämlich nichts anderes als reine Verhinderungstaktik. Die Express S-Bahnen, die gegen den Transrapid damals in München auf’s Brett geworfen wurden, gibt es bis heute nicht. Und gerade die CSU-Erlangen, die gegen die StUB mit einem besseren Buskonzept argumentiert, hätte ja genug Jahre Zeit gehabt, ein solches umzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen,
Lukas Iffländer
Fahrgastverband PRO BAHN Bayern e.V.
Stellvertretender Vorsitzender
Hallo Herr Iffländer,
es mag stimmen, daß während der Vorlesungszeit zwischen 7 und 8.30 Uhr morgens und zwischen 16.30 und 17.30 abends die B4 an der Südkreuzung Erlangen belastet ist. Das wird niemand bestreiten.
Jedoch muss man auch feststellen, daß in den sonstigen zeiten und auch in der vorlesungsfreien Zeit (wie jetzt) dort nicht so viel Verkehr ist. Selbst direkt an der Kreuzung findet nur stockender Verkehr auf 50m statt.
Wo es allerdings unabhängig von Vorlesungszeiten der Unidauerhafte Verkehrsprobleme gibt sind die Strecken nach Osten (Richtung Uttenreuth) und die nach dem Erlanger Westen.
Das statistische Jahrbuch der Stadt bestätigt dies ja auch in der Angabe der Pendlerzahlen. Man braucht kein Gegner der StUB sein um statistischen Zahlen zu akzeptieren.
Worauf dies hinausführen soll ist eines: Der bedarf für eine bessere ÖPNV-Lösung oder eine bessere Verkehrsinfrastruktur in und um Erlangen ist sicherlich gegeben. Aber die aktuelle StUB-Planung wird durch die gewählte Trassenführung diesen Problemen nicht gerecht. Ist die Trasse in dieser Form jedoch erstmal gebaut, kann man sie nicht einfach ausbuddeln und ändern.
Die Planung wird aufgrund der strengen „Leitplanken“ der Wirtschaftlichkeitsberechung nämlich keine Möglichkeiten haben, die Probleme des Konzeptes zu beheben. Daher ist das jetzige Konzept abzulehnen. Wenn dies geschieht, bedeutet es keinesfalls, daß man -wie einige Politiker dies hinsichtlich der Umgehungsstrasse Uttenreuth machten- einfach nichts mehr tut. Es bedeutet, daß wir dann ohne die Vorgaben, aber mit der Erfahrung aus dem jetzigen Konzept zu einer neuen und richtigen Lösung kommen können.
Hallo Hr. Iffländer,
Ich möchte aus zeitlichen Gründen an dieser Stelle nicht auf Ihre Argumente eingehen. Aber eine Frage brennt mir doch auf den Nägeln:
In welcher Ära waren die Piraten für bekannt für sachliche Diskussionen?
Sollen wir (Piraten) diese Aussage als Kompliment betrachten, oder dies zum Anlass nehmen Ihren Kommentar in die Rubrik Ironie und Selbstkritik einordnen.
Wenn ich bedenke wieviele Bahnstrecken in den vergangenen Jahrzehnten zum Leidwesen der Fahrgäste stillgelegt wurden, kann ich die Unterstützung für die StUB nicht nachvollziehen. Aber halt: Wenn die StUB die S-Bahn entlastet, kann die DB Kosten einsparen ohen weniger von VGN_kuchen abzubekommen. Ein Schelm wer Böses denkt.
Möglicherweise ist eine Straßenbahn Teil einer durchdachten größeren Lösung zu den Verkehrsproblemen von Erlangen und seiner Umgebung.
Das kann niemand ausschließen. Doch gleichzeitig kann wirklich niemand mit reinen Gewissen behaupten, dass die StUB alle Probleme löst. Oder gar, dass die StUB dafür sorge, dass niemand mehr im Stau steht.
Kurzum: Es fehlt die Ehrlichkeit in der Debatte. Jeder Seite sind die Probleme einerseits aber die Chancen andererseits bekannt.
Doch leider verfallen alle etablierten Parteien und ihre Anhänger in dem alten „Bist du nicht für mich, bist du gegen mich“-Singsang.
Das ist der Wichtigkeit der Sache nicht angemessen. Doch da jetzt „Wahlkampf“ für den Bürgerentscheid ist, ist leider derzeit auch nicht mehr die Zeit um miteinander an Lösung zu arbeiten.
Was kann man daher den Unentschlossenen sagen?
Jeder von uns hat seine persönliche Meinung zur Sache. Das hilft dem Unentschlossenen nur dann, wer er seine Entscheidung von der anderer abhängig macht. Kann man machen. Muss man aber nicht.
Ich für meinen Teil möchte lieber an einen Appell, an einen Plakatslogan der Piraten erinnern, der hier sehr gut passt:
„Vertraue keinem Plakat, informier dich!“
Es gibt viele Informationen zur StUB. Das Intraplan-Konzept ist abrufbar. Auf buergerentscheid-stub.de finden sich auch viele Informationen, die auf das originale Konzept und den statistischen Daten beruhen (und nicht auf gesponsorte Firmenvorschläge *hüstel*).
Macht euch schlau, denkt nach und trefft dann die Entscheidung, die euch die Beste zu sein erscheint.
Eine meines Erachtens wichtige Argumentation möchte ich noch zur sprache bringen:
Laut Planungsunterlagen geht man bzgl. der Nutzung von durchschnittlich 12-15.000 Fahrgästen pro Tag aus. Verteilt man die geschätzten Baukosten auf diese Anzahl von Personen sowie einen Zeitraum von 10 Jahren ergibt sich ein Monatsbeitrag von €250,-/Fahrgast.
Und da sind die Kosten für den Fahrschein noch gar nicht enthalten.
Mir fällt es schwer zu glauben, dass dieses Projekt ökonomisch sinnvoll ist – zumindest unter ganzheitlicher Betrachtung von Kosten und Nutzen und ohne Berücksichtigung ideeller oder ideologischer Vorteile?
Zum Vergleich bitte ich um Rückmeldung zu folgender Frage:
Wer ware denn bereit, monatlich €400,- an seinen Italiener um die Ecke zu bezahlen, nur damit er (in zehn Jahren) sein Menu in einem Polstersessel anstatt auf einem Klappstuhl geniessen darf. Das dann notwendige Monatsabo für Speisen und Getränke in diesem Betrag noch nicht enthalten, es würde aber mit €200,- vergleichsweise günstig ausfallen.
Ich persönlicgh würde mich jedenfalls mit dem Klappstuhl begnügen, und lieber €50,-/Monat drauflegen um täglich noch zwei Kugeln Eis oder einen Cappuccino zu bekommen.
Bitte schon jetzt um Verständnis wenn dieser Vergleich etwas hinkt, aber auch die Planungsunterlagen für die StUB sind nicht 100%ig fundiert, sondern beruhen auf in vieler Hinsicht geschönten Annahmen.