Heute war ich im Christian-Ernst-Gymnasium (CEG), um dort eine Arbeitsgruppe von Schülern der 10. Jahrgangsstufe zu unterstützen, die das Thema „Mehr Demokratie im Internet“ bearbeiten und anschließend eine Rede dazu formulieren sollten. Vorneweg: Es hat unglaublich viel Spaß gemacht. Danke an Herrn Reitzammer für die Einladung und an die Jugendlichen und die beiden Referendarinnen, die dabei waren, für die freundliche Aufnahme und die wirklich tolle Mitarbeit! Ich komme jederzeit gerne wieder.
Um neun Uhr bin ich heute morgen im CEG gewesen und konnte dann auch gleich anfangen. Mein Vorhaben war, zunächst einmal zu klären, was Demokratie eigentlich ist. Ich durfte feststellen, dass die Schüler eine ähnliche Auffassung hatten wie ich sie gehabt hatte, bevor ich anfing, mich ernsthaft mit Politik zu beschäftigen: Demokratie ist das Recht, abstimmen zu dürfen. Nach ein bisschen Diskussion kamen wir dann überein, dass der Prozess des Abstimmens eigentlich das Ende einer Kette von Ereignissen ist: Zunächst gibt es eine Idee oder ein Thema, dann kommen Diskussion und Debatte, während derer Meinungsbildung stattfindet und erst danach ist eine Abstimmung in der Tat sinnvoll.
Danach haben wir uns mit der Frage beschäftigt, was das Internet eigentlich sei. Oft wird das Internet ja behandelt als wäre das ein Ort – aber das ist ja nicht ganz richtig. Eigentlich ist das Internet eine (sehr, sehr große) Ansammlung von Rechnern, Kabeln und weiteren Gerätschaften. Und also können wir das als Technik definieren. In einer Technik gibt es aber keine Demokratie! Was nun?
Man kann natürlich die Technik nutzen, um demokratische Prozesse, vor allem eben Diskussion und Debatte, auf eine wesentlich breitere Basis zu verlegen, weil man ja eine schier unbegrenzte Anzahl von Menschen erreichen kann. Welche Möglichkeiten hat man dafür?
- Soziale Netzwerke
- Foren
- Angebote von Fernsehsendern, Zeitungen und Zeitschriften
- Online-Lexika
- Blogs
- Wikis
- Mailinglisten
Was mich erstaunt hat, war, dass den Schülern das Konzept einer Mailingliste vollkommen fremd war. Da kam dann auch die Frage, ob man bei so was nicht vollkommen zugespamt würde. Nun ja – kommt auf die Liste an, nicht wahr?
Wir kamen also überein, dass sorgfältiges Recherchieren, Sichten und Bewerten von Information aus dem Internet dem Meinungsbildungsprozess an sich sehr helfen kann, aber durchaus auch eine Gefahr in der Menge an Informationen ist, die da angeboten werden und darin, dass eventuell Quellen nicht ausreichend auf Zuverlässigkeit überprüfbar sind.
Dann hatte ich erst mal Pause (um die Technik ans Laufen zu bekommen, der Surfstick wollte natürlich erst mal nicht so wie ich) und die Schüler bearbeiteten Arbeitsblätter.
Danach habe ich kurz erklärt, wie Liquid Feedback funktioniert:
- Idee/Thema wird eingestellt
- Es findet eine Diskussion statt, die Initiatoren suchen Unterstützer
- Es werden Anregungen gegeben und eingearbeitet (oder nicht)
- Die Initiative schafft das Quorum*
- Es findet eine Abstimmung über die Initiative statt
Mein Eindruck beim Vorstellen des eigentlichen Tools war, dass die Usability wohl doch noch optimierungsfähig ist. Vielleicht lag es auch daran, dass wir ja doch schon eine ganze Weile dabei waren und die Schüler nicht mehr ganz so bei der Sache wie am Anfang.
Was ich schade fand, war, dass wir leider keine Zeit mehr hatten, ein Thema, das in Liquid Feedback gerade zur Diskussion stand, tatsächlich in der Runde zu diskutieren. Beim Vorführen kam mir die Initiative zum Verbot von scharfer Munition für Sportschützen in die Finger und wie der Zufall es wollte, war ein Sportschütze unter den Schülern. Das hätte sehr spannend werden können, aber leider mussten wir eben aus Zeitmangel diese Diskussion abwürgen.
Insgesamt habe ich heute sehr interessierte junge Leute kennengelernt und einen sehr spannenden Vormittag mit ihnen verlebt. Von mangelndem Interesse an Politik kann nun wirklich keine Rede sein!
sehr schön, für alle ein erfolgreicher Tag!
Das zeigt ja wieder, dass Jugendliche nicht generell von Politik nichts wissen wollen, sondern dass ihnen wahrscheinlich das Angebot der Parteien nicht zusagt. Hier sind alle Parteien, nicht nur die PIRATEN gefragt, um Politik für junge Menschen wieder ansprechbar und verständlich zu gestalten.
Hihi, ich hüpf grad vor Aufregung auf meinem Stuhl hin und her: „Mein Eindruck beim Vorstellen des eigentlichen Tools war, dass die Usability wohl doch noch optimierungsfähig ist.“ – meine Rede seit Jahren, ach was, Jahrzehnten, Unsinn, seit Beginn des 18. Jahrhunderts, mindestens: wir glauben gar nicht, wie kompliziert und fern den Normalsterblichen unsere Werkzeuge sind. Gestern erst durfte ich wieder jemanden eine Baumstruktur erklären, mit viel Papier und Stiftverbrauch, bis ich das Gefühl hatte, einen Hauch von Verständnisglimmen zu erkennen…. Von unserer Alltag von vernetztem Reden und gar Denken ganz zu schweigen, da fang ich meist gar nicht erst an…
Echt Klasse so eine Initiative, die den Schülern die Praxis der Politik mal näher bringt. Find ich toll von Dir Astrid, dass Du so was machst!!! – wenn Du mal Hilfe brauchst – sag’s einfach, denn auch ich bin der festen Überzeugung, dass wir in den Schulen noch viel zu wenig „Alltags Informationen“ unterrichten.
Ich habe das ja auf Anfrage der Schule hin gemacht. Aber wenn mich da mal wieder jemand haben will: Immer gern! Ich habe das wirklich sehr genossen! :o)