Bayern

Von Fußballfans, Gefährder-Datenbanken und dem Polizeiaufgabengesetz

Zur Fußball-WM in Russland werden auch viele Fans aus Deutschland anreisen. Doch wie wird versucht, Hooligans zu identifizieren und was hat das mit den Änderungen am Polizeiaufgabengesetz (PAG) zu tun?

Seit 1992 gibt es die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS), bei der eine bundesweite Datenbank „Gewalttäter Sport“ geführt wird. Darin werden Personen gespeichert, gegen die im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen, wie z.B. Fußballspielen, ein Ermittlungsverfahren wegen bestimmter Straftaten eingeleitet wurde. Das sind u.a. Gewalttaten, Volksverhetzung, Beleidigung und Raub.

Fans werden dann in verschiedene Kategorien eingeteilt: A für friedliche Fans, die z.B. wegen Pyrotechnik aufgefallen sind, B für gewaltbereite Fans und C für gewaltsuchende Fans, also Hooligans. Für die Kategorie B sind dabei über 10.000 und für die Kategorie C über 3.000 Personen registriert.

Die Datenbank soll dazu dienen, mögliche Gefährder bei Risiko-Spielen an einer Anreise zu hindern, z.B. indem man ihnen Meldeauflagen erteilt.

Zweifelhafte Eintragungen in Datenbanken

Dabei ist zu beachten, dass nicht alle Personen auch verurteilte Straftäter sind, sondern gegen diese nur ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, es wird immer wieder berichtet, dass friedliche Fans in der Datenbank landen und sie noch nicht einmal darüber informiert werden. Anwälte sprechen von bis zu zwei Drittel falscher Einträge. Dass die ZIS für die Fußball-WM der russischen Polizei Zugriff auf die Daten gewährt, ist unglaublich!

Es werden also Personen als Gefährder eingestuft, die sich nichts zu Schulden kommen haben lassen. Es kann passieren, dass friedliche Fans ihrem Hobby nicht mehr nachgehen können, weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren.

Dieses unverhältnismäßige Mittel wird im bayerischen Polizeiaufgabengesetz (PAG) ausgeweitet. Dort kann die Polizei mit fast allen Mitteln einschreiten, um „die Entstehung einer Gefahr für ein bedeutendes Rechtsgut zu verhindern“. Das bedeutet, dass keine konkrete Planung für eine Straftat vorliegen muss, sondern es genügt, wenn eine Person möglicherweise eine schwere Straftat vorbereiten könnte. Diese Person muss vorher nicht verurteilt worden sein. Es ist also möglich, dass eine Datenbank mit potentiellen Gefährdern angelegt wird, in denen sehr viele unterschiedliche Personen landen werden, zum Beispiel weil ihre Personalien am Rande einer Demo aufgenommen wurden, ohne dass es zu einer Gerichtsverhandlung gekommen ist.

Bei Fußballfans muss die bayerische Polizei schon jetzt nicht nur auf die Datenbank bei der ZIS verlassen, sondern hat weitere eigene Datenbanken, in der zusätzliche Fußballfans mit darüber hinausgehenden Merkmalen eingetragen sind. Über die Qualität der Daten mag man sich fast keine Gedanken machen.

Nutzlose Gängelung von Fans

Befürworter der Überwachung und Registrierung der Stadionbesucher behaupten, dass sich damit Straftaten verhindern lassen. Wie unsinnig diese Behauptung ist, zeigte sich am 01.09.2017 beim Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft in Prag.

Dort zeigten im Block der deutschen Fans eine Reihe von Zuschauern den Hitlergruß und riefen „Sieg Heil“, sowohl in Tschechien als in Deutschland eine Straftat. Bei internationalen Spielen sind nur Sitzplätze zulässig, Tickets können nur mit Angabe des Namens bestellt werden und in den Stadien gibt es umfangreiche Videoüberwachung.

Alles spricht also dafür, dass es ein Leichtes sein sollte, die Täter ausfindig zu machen: Durch Videoaufnahmen sollte klar identifizierbar sein, auf welchen Plätzen die Täter saßen. Über das Buchungssystem sollte einfach herauszufinden sein, wer die Tickets gekauft hat. Diese Personen hätte man einfach vorladen können, um Zeugenaussagen vorzunehmen und dann die Gesichter mit den Videoaufnahmen abzugleichen. Alternativ hätte man auch die Ticketkäufe mit der Gewalttäter-Datenbank abgleichen können.

Von verschiedenen Staatsanwaltschaften wurden zwar Ermittlungen begonnen, jedoch im Frühjahr eingestellt.

Dafür gibt es zwei mögliche Erklärungen: Die Daten werden zwar gesammelt und die Fans damit gegängelt, aber wirklich genutzt werden diese bei Ermittlungen nicht. Oder aber diese ganzen Überwachungsmaßnahmen sind nutzlos und bringen nichts. Welche der beiden Erklärungen zutrifft, muss jeder für sich selbst entscheiden.

Dabei wurde die Datei „Gewalttäter Sport“ angelegt, um Straftaten zu verhindern. Mit Hilfe dieser Datenbank sollen mögliche Gewalttäter an einer Anreise zu Auswärtsspielen gehindert werden, indem ihnen z.B. für bestimmte Tage und Uhrzeiten eine Meldeauflage erteilt werden kann. Auch das hat hier nicht stattgefunden. Gerade bei diesem Spiel war schließlich klar, dass rechtsradikale Hooligans anreisen möchten.

Somit zeigt sich, dass Datenbanken mit Gefährdern, dass Möglichkeiten zur Meldeauflage nicht ausreichen, um Straftaten zu verhindern, während Unschuldige mit bundesweiten Stadionverboten bestraft werden, auch wenn sie vor Gericht freigesprochen wurden.

Diese Gängelung von Unschuldigen wird durch das neue Polizeiaufgabengesetz und die schwammige Definition der „drohenden Gefahr“ auf andere Bereiche ausgedehnt. Diese Einschränkung der Freiheit wollen wir Piraten nicht hinnehmen!




Hinweis: Diese Meldung ist eine Kopie vom Landesverband Piratenpartei Bayern.
Originalquelle aufrufen: Von Fußballfans, Gefährder-Datenbanken und dem Polizeiaufgabengesetz

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